In diesem Beitrag zeige ich auf, wie Fotopsychologie strukturiert werden kann.
Gegenstand einer Fotopsychologie ist „der Einfluss der Fotografie auf das Verhalten und das Erleben der Menschen“ (Schuster, 2020, S. 13). Im Vordergrund stehen hierbei das aktive Fotografieren und das Erleben von Fotografien. Spitzing (1985) unterscheidet in einer frühen Arbeit über Fotopsychologie unter anderem zwischen einer Psychologie des Fotografierens und einer Psychologie des Fotografiertwerdens. Auch letzterer Punkt verdient berücksichtigt zu werden.
Punktuell liegen empirische Erkenntnisse vor, die einer Fotopsychologie zugeordnet werden können. Diese müssen zusammengefasst und in einen größeren Bezug gesetzt werden. Dazu ist ein Rahmen erforderlich, der die Erkenntnisse strukturiert und einordnet. Auf dieser Grundlage kann weitere empirische Forschung im Bereich der Fotopsychologie Lücken füllen und Zusammenhänge verständlich machen.
Eine Möglichkeit, Fotopsychologie zu strukturieren, ist erstens grundlegende, zweitens spezifische und drittens übergreifende Bereiche zu unterscheiden.
Grundlegend kann Fotografie, d.h. das aktive Fotografieren und das Erleben von Fotografien, in folgenden Bereichen besprochen werden:
- Wahrnehmung
- Verhalten und Motive
- Einstellungen und Werte
- Gedächtnis und Erinnerungen
- Persönlichkeit
- Lernen, Kognitionen und Emotionen
- Kommunikation und Interaktion
Spezifische Bereiche sind vielfältig, dynamisch und umfassen z.B.
- Fotografie und Kunst
- Künstliche Intelligenz und Fotografie
- Fotografie und soziale Medien
Um eine Fotopsychologie adäquat zu erfassen, erscheint es darüber hinaus erforderlich zu sein, zwischen Personen zu unterscheiden, die sich hinsichtlich ihrer Motivationen, Ziele und Herangehensweise gegenüber der Fotografie und dem Fotografieren unterscheiden. Hier bietet es sich an, zwischen folgenden Gruppen zu unterscheiden:
- Berufs- und Profifotografen/Fotografinnen
- Amateur- und Hobbyfotografen/Fotografinnen
- Personen, die fotografieren, Fotografie ist aber kein Hobby
- Personen, die nie fotografieren
Letztere Gruppe von nie fotografierenden Personen dürfte heute sehr selten sein, insofern erscheint eine explizite Berücksichtigung im Rahmen einer Fotopsychologie wenig lohnenswert.
Innerhalb jeder der genannten Gruppen sind weitere Differenzierungen sinnvoll. Bei den Profis könnte zum Beispiel zwischen jenen, die eine formale Studienausbildung oder berufliche Schulung absolviert haben, und Quereinsteigern differenziert werden. Bei den Amateuren kann zum Beispiel zwischen Mitgliedern eines Fotoclubs und Personen, die keinem solchen Club angehören, unterschieden werden. Im Falle der Alltags- und Gelegenheitsfotografierenden ist die Unterscheidung zwischen verschiedenen Altersgruppen oder Generationen besonders sinnvoll.
Bei den genannten Gruppen können nun jeweils weitere spezifische Themenbereiche besprochen werden. Bei den Profis zum Beispiel die folgenden:
- Berufliche Identität und Zufriedenheit
- Berufliche und fotografische Praxis
Dann können zwei weitere Gruppen von Personen identifiziert werden, die im Rahmen einer umfassenden Fotopsychologie berücksichtigt werden müssen:
- Personen, die fotografiert werden
- Personen, die Menschen erleben, die fotografieren
Bei Personen, die fotografiert werden, sollte die ganze Spannweite abgedeckt werden, von Kindern, die in einem familiären Rahmen fotografiert werden, bis hin zu professionellen Models, die sich im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit fotografieren lassen.
Hieraus ergeben sich nun folgende zwei Sonderthemen:
- Psychologie des Fotografiertwerdens
- Psychologie des Erlebens von Personen, die fotografieren
Und schließlich können auch noch übergreifende Bereiche, in denen Fotografie und Psychologie zusammenspielen, besprochen werden:
- Fotografische Beratung und Training
- Fotografie in der Therapie und im Coaching
- Fotografie in der Forschung und als Forschungsmethode
Literatur:
Feigl, J. (2023). Bestandsaufnahme der Fotopsychologie und des engagierten Fotografierens [Forschungsbericht]. Abgerufen von https://www.foto-psychologie.de/publikation
Schuster, M. (2020). Fotopsychologie: Fotos sehen, verstehen, gestalten (3. Aufl.). Berlin: Springer.
Spitzing, G. (1985). Fotopsychologie. Die subjektive Seite des Objektivs. Weinheim und Basel: Beltz.